Die besten Gesundheits-Rezepte sind die einfachsten

Neue wissenschaftliche Studien zeigen, wie wertvoll Bewegung für uns Menschen ist. GralsWelt-Redakteur Dieter Malchow faßt die Ergebnisse der Forschungsarbeiten zusammen. Fazit: Gesundheit um kleinen Preis – das gibt es wirklich!

Der Dramatiker und Philosoph Eugene Ionesco war der Ansicht, daß es die Aufgabe des Theaters sei, das Publikum aus seiner Geistesträgheit herauszureißen, ihm die „Seltsamkeit der Welt“ bewußt zu machen und in ihm die Verwunderung darüber zu wecken, überhaupt zu existieren.
Was meinte Ionesco mit Geistesträgheit? – Sich nicht Fragen zu stellen wie: wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich (wenn ich sterbe)! Und, von diesen Fragen angesteckt, unbeirrt nach den Antworten zu suchen. Diese dann weidlich zu prüfen, anstatt, wie so viele Menschen, dieser oder jener Mode zu folgen und zum Beispiel zu einem „Nashorn“ zu werden, ohne genau zu wissen warum (ein sehr sehenswertes Stück von Ionesco heißt „Die Nashörner“).
Ein geistig lebendiger Mensch wird daher trachten, selber zu verstehen, warum er auf der Erde weilt. Die Neugier wird ihn plagen, möglichst die Zusammenhänge in allem Geschehen zu begreifen. Dabei wird er früher oder später auf die Gesetzmäßigkeiten in der Natur und im menschlichen Leben stoßen.

Eine von diesen ist das Gesetz der Bewegung. Das kennen wir alle. Doch vielleicht noch nicht die weitreichenden Auswirkungen, wie sie uns die Wissenschaft zeigt. Das Gesetz der Bewegung.

Ist Bewegung nützlich oder schädlich?

Die Antwort auf diese Frage verraten uns Fische. Eine bestimmte Art davon, der Millionenfisch, der inmitten von Raubfischen lebt und andauernd in der Gefahr schwebt, gefressen zu werden, wird älter und altert später als die Fische der gleichen Art, die stromaufwärts und – durch Wasserfälle vor den Raubfischen geschützt – in größerer Sicherheit leben. Der Zwang, wach und auf der Hut zu bleiben, kann also durchaus ein Segen sein.

Erweitern wir unser Fragen auf die Gesundheit und mögliche Krankheiten.
Eine Krankheit, die uns besonders erschreckt, ist neben Krebs die Demenz, das vorzeitige Altern der Zellen im Gehirn mit Erscheinungsformen wie Alzheimer und Huntington, gegen die zur Zeit noch kein Kraut gewachsen ist, also wenig Hoffnung besteht, sie mit Medikamenten zu besiegen. Ist in diesen Fällen Bewegung ebenfalls von Vorteil?

Bewegung: Ein Rezept gegen Demenz

Die Maus ist eine wertvolle Hilfe zur Untersuchung von unverstandenen Krankheiten beim Menschen. Sogenannte HD-Mäuse erkranken an einer Huntington-ähnlichen Krankheit. Die Frage, der die Wissenschaftler nachgingen, war: Läßt sich der Ausbruch der Krankheit hinauszögern, wenn die Mäuse in einer anregenden Umgebung gehalten werden, die von ihnen Beweglichkeit erfordert?
Die Antwort ist ein deutliches Ja!
Die anregende Umgebung bestand in zusätzlichen Objekten aus Pappe, Papier und Plastik in ihren Käfigen; alle vier Wochen fanden die Mäuse etwas Neues vor. Die Objekte wurden von den Tieren gründlich inspiziert. Die Mäuse verbrachten sogar 70 Prozent ihrer Zeit mit den Objekten. Der Ausbruch der Krankheit wurde in diesen Tieren im Vergleich zu normal gehaltenen Mäusen erheblich verzögert! Auch beim Menschen hat man durch Untersuchung eineiiger Zwillinge herausgefunden, daß das Verhalten die Symptome der Krankheit verändert.

Durch die neuen Befunde an diesen Mäusen schließen die Wissenschaftler, daß eine anregende Umgebung auch beim Menschen den Ausbruch der Krankheit verzögern könnte. Über zwei Jahre hinweg wurde das Schicksal von mehr als 16.000 ehemaligen Krankenschwestern verfolgt. Ihr Alter lag zu Beginn der Studie bei 70 bis 80 Jahren, Demenz lag keine vor. Es stellte sich heraus, daß die körperlich aktiven Damen geistig viel fitter blieben als die inaktiven ehemaligen Kolleginnen. Je mehr sie sich bewegten, desto weniger nahmen die kognitiven Fähigkeiten ab.
Im Grunde das gleiche Ergebnis brachte eine Studie an 2.300 betagten Männern, die zwischen 71 und 93 Jahre alt waren. Im Verlauf von sieben Jahren erkrankten davon 160 Männer an einer Demenz. Das Risiko zu erkranken war bei den Bewegungsmuffeln, die weniger als 400 Meter am Tag gingen, fast doppelt so hoch, wie bei Männern, die täglich drei Kilometer zurücklegten.

Bewegung verringert das Sterberisiko

Eine andere Studie, die von 1988 bis ins Jahr 2000 durchgeführt wurde, umfaßte elf europäische Länder mit 1.500 offensichtlich gesunden Männern und 830 Frauen im Alter von 70 bis 90 Jahren. Im Untersuchungszeitraum starben 935 Teilnehmer an verschiedenen Krankheiten. Körperliche Tätigkeit aber reduzierte die Gefahr zu sterben um 37 Prozent! In dieser Studie wurden zusätzlich andere Faktoren, die das Altern aufhalten können, mit untersucht. Neben der Bewegung erwies sich erwartungsgemäß mäßiger Alkoholgenuß und der Verzicht zu rauchen als förderlich – mit 22 bzw. 35 Prozent geringerem Risiko. Wenn mediterrane Kost verzehrt wurde, sank das Risiko um 23 Prozent. Alle vier Bedingungen zusammen führten zu einer Verringerung der Sterblichkeit um 65 Prozent.
Der Vorteil solcher Untersuchungen an einer großen Anzahl Menschen ist, daß individuelle Un­terschiede kaum ins Gewicht fallen. Es läßt sich also festhalten, daß körperliche Bewegung für ein gesundes Leben nützlich ist, auch im Hinblick auf ein gut funktionierendes Gehirn. Und das, ohne ein besonderes Gedächtnistraining zu absolvieren.

Warum ist Bewegung so günstig?

Der Körper wird gut durchblutet, die Verspannungen und Stauungen lösen sich auf, verbrauchte Luft wird entfernt und gegen frische Luft ausgetauscht, die Gedanken werden auf andere Ziele gelenkt, die Muskeln produzieren Wärme, und das damit entstehende körperliche Wohlbefinden überträgt sich auf die Seele. Die Seele erhält Schwung und kann den Anstoß dazu geben, sich den wichtigen Fragen und Aufgaben des Tages zuzuwenden – vielleicht sogar denen, die uns Ionesco ans Herz gelegt hat.

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Literatur:
D. N. Reznick et al., Effect of extrinsic mortality on the evolution of senescence in guppies, Nature 2004, 431, S. 1095–1099
A. van Dellen et al., Delaying the onset of Huntington´s in mice, Nature 2000, 404, S. 721–722

J. Weuve et al., Physical activity, including walking, and cognitive function in older women, JAMA 2004, 292, S. 1454–1461
R. D. Abbott et al., Walking and dementia in physically capable elderly men, JAMA 2004, 292, S. 1447–1453
K. T. B. Knoops et al., Mediterranean diet, life­style factors, and 10-year mortality in elderly european men and women, JAMA 2004, 292, S. 1432–1439